Schleuse 100

 
Geschichte des Ludwigskanals

Der Bau des Ludwig-Donau-Main-Kanals (in aller Munde als Ludwigskanal bekannt) war ein ehrgeiziges und auf wirtschaftspolitische Ziele hin ausgelegtes Prestigeobjekt des Bayerischen Königs Ludwig I. Die Idee durch eine Verbindung von Main und Donau auch einen durchgängigen Wasserweg von der Nordsee bis zum Schwarzen Meer zu schaffen reicht zurück bis zu Karl dem Großen, der 793 mit dem Bau des Karlsgrabens (Fossa Carolina), das erste deutsche Kanalprojekt in Angriff genommen hat. Kanalbaupläne der folgenden Jahrhunderte waren aufgrund politischer Unruhen und Barrieren, unterschiedlicher Interessen und technischer Schwierigkeiten nicht umsetzbar.

Erst ein politisch einheitliches Herrschaftsgebiet mit dem 1806 neu gegründeten Königreich Bayern und die Bautechnologie des 19. Jahrhunderts ließen die Realisierung einer so gewaltigen Wasserstraße wieder ins Blickfeld rücken. 1836 wurde unter Federführung des königlichen Oberbaurates Heinrich Freiherr von Pechmann mit dem Kanalbau begonnen. In den folgenden Jahren waren bis zu 9000 Arbeitskräfte an diesem Projekt beteiligt und 1842 konnte der Kanal weitgehend von Schiffen befahren werden.

Finanzierung

Zur Finanzierung des Kanalbaus kam es 1836 zur Gründung einer Aktiengesellschaft, deren Vorstand den Namen „Ludwig-Donau-Main-Kanal“ beschloss. Die anvisierten 8,54 Millionen Gulden Baukosten stiegen um das doppelte auf 17,43 Millionen Gulden. Preisexplosionen kamen also auch in früherer Zeit schon vor.

1843 wurde der Kanalabschnitt zwischen Bamberg und Nürnberg für den Verkehr freigegeben:
„Am 6.Mai 1843 fuhren die ersten Schiffe festlich geschmückt unter angemessener Feierlichkeit und Kanonendonner auf dem Ludwigkanale mit voller Ladung von Bamberg nach Nürnberg […]. Es waren die Boote des Schiffermeisters Sieber von Bamberg und des Frachtführers und konzessionierten Kanalboten Messerer von Nürnberg. […]
Auf der ganzen Linie bis Nürnberg hatten sich an den Ufern und Häfen des Kanals eine Menge Neugieriger gesammelt, [….]. Mancher […], der an altem Hergebrachten hängend gegen alles Neue ein Vorurtheil hegt und nur widerstrebend den Forderungen der Zeit langsamen Schrittes folgt, hatte kopfschüttelnd den Kanal und seinen geräumigen Hafen allmählig sich mit Wasser füllen sehen, er hatte von Dammbrüchen gehört, die erfolgen könnten, wenn schwer beladene Schiffe auf dem Kanale führen, […] und [er] folgte nur dem Zuge der Neugierigen, die den ersehnten Ankömmlingen weit entgegen gingen, um sich darin zu bestärken. Doch alle Vermuthungen […] machte das Nahen der Schiffe, die gleich Schwänen mit breiter Brust auf der spiegelglatten Wasserfläche daherzogen, ein Ende. […..] als das erste Schiff in die letzte Schleuse bei Nürnberg eingefahren war und nach Schließung der Schleusenthore das Wasser in der Kammer stieg und dieses allmählig so weit hob, daß es auf der höher liegenden Strecke seinen Weg in den nahen Hafen fortsetzen konnte – da erscholl aus aller Mund ein begeisterter Jubel, […]“ (Zitat bei Steeger, S. 9/10)

Eröffnung

Am 15. Juli 1846 konnte dann, mit der feierlichen Enthüllung des Kanalbaumonumentes am Fuße des Erlanger Burgbergs, der gesamte Kanal eröffnet werden.
Die allegorische Darstellung bei der sich Donau und Main die Hände reichen, wird von folgender Inschrift begleitet:
„Donau und Main für die Schifffahrt verbunden. Ein Werk von Carl dem Großen versucht , durch Ludwig I. König von Bayern neu begonnen und vollendet 1846.“ Dieser allerdings war zur denkwürdigen Feier nicht anwesend.
Das Denkmal entstand nach Plänen Leo von Klenzes in der Werkstatt des Bildhauers Ludwig von Schwanthaler. Seit 1938 steht das Denkmal einige Meter näher am Burgberg. Ohne Kanal und mit dem Frankenschnellweg davor wirkt es heute etwas verloren.

Aber so glorreich wie gerade beschrieben war das Kanalprojekt leider nicht.

Der Kanalbau wurde von Anfang an von erheblichen finanziellen und technischen Schwierigkeiten begleitet. Es gab schon beim Bau Probleme mit Dämmen (Dammburch in Neumarkt Opf), es gab Einstürze und Neubauten (Schwarzach-Brückkanal). Der Kanalbau war eine technische Herausforderung (Insgesamt 187 Höhenmeter mussten ausgeglichen werden). Bald nach der Kanalfertigstellung hatte die Innovationskraft seiner Zeit, in Form von modernen Schiffen und dem neuen Verkehrsmittel Eisenbahn, den Kanal überholt.

Der Ludwigskanal, der von Kelheim bis Bamberg reichte, hatte eine gesamte Länge von 173 Kilometern. Auf dieser Strecke befanden sich 100 Schleusen (Die Nr. 1 bei Kelheim), 69 Schleusenwärterhäuser, zahlreiche Dämme, Brückkanäle und Brücken. Beim Bau wurde besonderer Wert auf die äußere Erscheinung der Bauwerke, und die Einfügung derselben in die Landschaft gelegt. Technik und Ästhetik standen in engem Zusammenhang. Nicht umsonst sprach man von Ingenieurbaukunst.

Die Abmessungen des Kanals (mit einer Breite von 15,8 Meter -im Schleusenbereich nur 4,64 Meter und einer Tiefe von 1,46 Metern), waren auf Treidelschiffe, d.h. kleine Frachtschiffe mit wenig Tiefgang und geringer Breite, zugeschnitten, jedoch nicht auf Handelsschiffe die den Rhein, Main und die Donau befuhren. Dort gab es bereits die ersten Dampfschiffe mit Schaufelantrieb, die den Kanal jedoch nicht passieren konnten. So mussten sämtliche Waren in Bamberg und Kehlheim von den Dampfschiffen mit Krananlagen auf kleinere Frachtschiffe umgeschlagen werden. Pferde treidelten (zogen) sie durch den Kanal. Das brauchte viel Zeit, war umständlich und verursachte hohe Kosten (Kosten für Kanalnutzung, Schleusen, …)
Von Kehlheim nach Bamberg benötigte man fast 6 Tage. Jeder Schleusengang nahm 10-15 Minuten in Anspruch.

Die ersten Jahre nach Fertigstellung des Kanals erlebte das Frachtaufkommen auf der Wasserstraße zwar noch einmal einen deutlichen Aufschwung bis zu seinem Höchststand im Jahre 1850. Danach gingen die Zahlen stetig bergab. Am Anfang des 20 Jahrhunderts war klar, dass der Kanal ein wirtschaftliches Debakel bedeutete.

So erfreuten sich am Kanal nur wenige Jahre nach seiner Fertigstellung vor allem Erholungssuchende wie Angler und Badegäste. Im Winter drehten Schlittschuhläufer auf dem zugefrorenen Kanal ihre Runden und umliegende Brauereien nutzten das Eis für die Lagerung ihres Bieres. Vielerorts gab es Kanalfeste, u.a. mit Fischerstechen – wie in Worzeldorf bei Nürnberg- (Quelle: DVD Kimmig) und in den 30er Jahren des 20 Jahrhunderts wurde der Kanal von Schwimmvereinen als Trainingsstrecke genutzt. Auch die Erträge der zahlreichen, an den Treidelpfaden gepflanzten Obstbäume, die jährlich versteigert wurden, erfreuten sich großer Beliebtheit.
Eine Besonderheit stellten die sogenannten Schlagrahmdampfer dar, die von 1903 bis 1939 (mit Unterbrechung durch den 1. Weltkrieg) als Ausflugsdampfer „Antonia“, „Karl“ und „Hansi“ von Nürnberg Doos zur Gartenwirtschaft Peter Weigel (vorm. Memmert) in Kronach bei Fürth fuhren. Wer in den 1920er Jahren in der Gastwirtschaft ein Stück Kuchen mit Schlagrahm zu sich nahm, durfte umsonst mitfahren (Quelle: DVD Kimmig).

Im zweiten Weltkrieg wurde die Kanaltrasse teilweise zerstört. Nach einem Beschluss des Bayerischen Innenministeriums kam es 1950 zur Einstellung des Kanalverkehrs. Seit 1921 gab es bereits Pläne für den Bau einer modernen und größeren Kanalverbindung, dem Donau-Main-Kanal, der dann zwischen 1960 und 1992 als internationale Wasserstraße angelegt wurde. Obwohl der alte Kanal schon seit 1973 unter Denkmalschutz stand, sind Teilabschnitte des Ludwigskanals durch dieses Bauvorhaben zerstört und Schleusenwärterhäuser abgerissen worden. Nördlich von Bamberg ging der alte Kanal bis Neuses völlig im neuen auf. Zwischen Forchheim und Erlangen ist er unter Straßen verschwunden.

Und Heute?

Die Wasserwirtschaftsämter der jeweiligen Region, teilweise auch Gemeinden, sind heute für Erhalt und Pflege der Kanalreste zuständig. Zwischen Nürnberg und Beilngries sind noch 65 km des Kanals als zusammenhängende Wasserstraße erhalten. Das Fragment wurde instand gesetzt, Gebäude restauriert und Informationstafeln aufgestellt. Damit wurde dieser Teil für Erholungssuchende, Radwanderer und Touristen erschlossen.
Anderenorts muss man teilweise aber schon genau hinsehen oder mit einem Ortskundigen auf Spurensuche gehen, um noch Hinweise auf den Alten Kanal zu entdecken.
Nördlich von Nürnberg haben sich lediglich noch zwei wasserführende Kanalabschnitte erhalten. So auch in Bamberg mit dem Nonnengraben. Hier existieren außerdem noch zwei eiserne Drehkränen zum Umladen des Frachtgutes, als Relikte des Alten Hafens und eine Lagerhalle. Auch die letzte noch voll funktionstüchtige Schleuse, die Schleuse 100 mit dem dazu gehörigen Schleusenwärterhäuschen, das 1840 nach Plänen des Hofarchitekten Leo v. Klenze erbaut wurde, befindet sich in Bamberg
Es ist heute ein idyllischer Ort mit Wiese, Obstbäumen und Ziersträuchern.
Nicht weit von Bamberg entfernt, in Neuses bei Eggolsheim, befindet sich eine freigelegte Schleuse. An anderen Orten wurden alte Schleusenanlagen oder Schleusenwärterhäuser überbaut oder abgerissen.
Dort wo der Kanal in Vergessenheit geraten war und viele Jahre einen Dornröschenschlaf schlief, eroberte sich die Natur, teilweise zerstörerisch, ihr Reich zurück. Es haben sich intakte Biotope herausgebildet. In ausgetrockneten Kanalbetten wachsen Orchideen, tummeln sich Echsen und anderes Getier. In den wasserführenden Kanalabschnitten findet man u.a. Karpfen, Schleien, Barsche und Aale.

Schleusenwärterhäuser

Die einfachen, aber ansprechend gestalteten Häuser, sind zu einem Markenzeichen des Kanals geworden. Die Schleusenwärterhäuschen waren auf die Bedürfnisse einer Familie zugeschnitten, die zum Teil abseits von Dörfern leben musste. Da die geringe Entlohnung eines Schleusenwärters für die Ernährung einer Familie nicht ausreichte, umfasste das Wärterhaus auch einen Stall für Kleintierhaltung, sowie ein Garten zur Selbstversorgung.

Zu den Aufgaben eines Schleusenwärters gehörte es die Dämme auszubessern, Schilf und Gras zu mähen, im Winter die Schleuse von Eis zu befreien, den Wasserstand zu kontrollieren (dieser sollte auf 140-145 cm konstant gehalten werden), außerdem war der Schleusenwärter verantwortlich für die Reparatur der Schleuse.
Die Schleusenwärter betreuten bis zu sechs Schleusen.

Die Schleusenwärterhäuser sind Massivbauten mit flach geneigtem Satteldach. Das Mauerwerk ist aus Naturstein (Sandstein) oder in Ziegeln (verputzt) ausgeführt.
Heinrich Freiherr von Pechmann, dem die Oberbauleitung des Kanalbaus übertragen wurde, entwarf die Schleusenwärterhäuser. Seine Pläne wurden durch Leo von Klenze, dem Hofarchitekten von König Ludwig I., korrigiert. So entstanden zwei Architektur-Typen (A + B). Typ A trägt die Formensprache Leo von Klenzes. Dieser zeichnet sich durch Rundbogenfenster aus, unter den Fenstern verläuft ein Wasserschlaggesims, auch die Türen erhielten rundbogige profilierte Natursteinumrahmungen, der Eingangsbereich ist giebelseitig angeordnet und das Haus stand mit dem Giebel zum Kanal. Die Fenster und Türen der Schleusenwärterhäuser vom Typ B, vermutlich der ursprüngliche Entwurf von Pechmann, haben nur eine leicht gewölbte Oberkante, der Eingangsbereich ist traufseitig, die Häuser standen mit der Traufe dem Kanal zugewandt.

 

Ludwigskanal